Politische Forderungen

Der VLSP setzt sich für die politische Umsetzung folgender Forderungen ein:

Schaffung ausreichender psychologischer Beratungsangebote und mehr Schutz für die psychische Gesundheit von lesbischen, bisexuellen und schwulen Jugendlichen [1]

(Forderung vor der Bundestagswahl 2013 an die Bundestagsfraktionen)

Wir fordern die neue Bundesregierung auf, ihren Einfluss auf die entscheidungsrelevanten Instanzen geltend zu machen, um in jeder deutschen Großstadt eine psychologische Beratungsstelle für Lesben, Schwule, Bisexuelle sowie deren Familienangehörige und Freunde einzurichten. Im ländlichen Raum sollen ebenfalls ausreichend Beratungsangebote zur Verfügung gestellt werden. Diese Beratungsstellen sollen die betroffenen Personengruppen dabei unterstützen, praktische Lebensfragen zu klären und Probleme zu lösen, die mit der sexuellen Orientierung und mit homonegativer Diskriminierung im Zusammenhang stehen. Die Suizidrate unter lesbischen, schwulen und bisexuellen Jugendlichen ist nach verschiedenen Studien beispielsweise deutlich höher als bei heterosexuellen Jugendlichen. Daher fordern wir die neue Bundesregierung auf, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um das Leben und die psychische Gesundheit lesbischer und schwuler Jugendlicher zu schützen.

Adoption ermöglichen [1]

(Forderung vor der Bundestagswahl 2013 an die Bundestagsfraktionen)

Die neue Bundesregierung soll zeitnah dafür sorgen, dass Lesben, Schwule und Bisexuelle, genauso wie Heterosexuelle, Kinder adoptieren dürfen. Die wissenschaftliche Forschung der letzten dreißig Jahre zeigt eindeutig, dass für das psychisch gesunde Auswachsen eines Kindes die liebevolle Beziehung zu den Elternteilen entscheidend ist und nicht, welche sexuelle Orientierung die Eltern haben. Häufig zeigen sich lesbische und schwule Elternpaare sogar engagierter als heterosexuelle Eltern. Auch zeigen die Studien die Ressourcen dieser Kinder und Jugendlichen und dass die sexuelle Orientierung ihrer Eltern die Identitätsentwicklung und Rollenfindung der Kinder nicht beeinträchtigt.

Keine Unterstützung von Tendenzbetrieben, die lesbische, bisexuelle, schwule und transidente Mitarbeiter_innen diskriminieren [1]

(Forderung vor der Bundestagswahl 2013 an die Bundestagsfraktionen)

Eine erhebliche Anzahl von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender – auch einige unserer Mitglieder – befinden sich in einem Arbeitsverhältnis mit sogenannten Tendenzbetrieben (gemeint sind hier Einrichtungen der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften). In diesen Einrichtungen gilt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz nur eingeschränkt. In manchen dieser Einrichtungen führt eine offene und aufrechte lesbische, schwule, bisexuelle oder transidente Lebensführung zu massiven Konsequenzen bis hin zu Kündigungen durch den Arbeitgeber. Dies ist ein unerträglicher Zustand. Wir fordern die Bundesregierung daher auf, alles in ihrer Möglichkeit stehende zu tun, um die Rahmenbedingungen für die entsprechenden Mitarbeiter_innen in diesen Einrichtungen zu verbessern und diesen Einrichtungen keinerlei finanzielle Unterstützung zu gewähren, solange die Tendenzbetriebe lesbische, schwule, bisexuelle und transidente Mitarbeiter_innen anders behandeln als heterosexuelle Kolleg_innen. Zudem soll die Bundesregierung ihren Einfluss auf andere Kostenträger geltend machen, ebenfalls die Zuschüsse zu streichen.

Unverzügliche Aufhebung aller Urteile nach §175 und §175a nach 1945 bis 1969 in der BRD und DDR [2]

Alleine in der BRD wurden von 1945 bis 1969 ca 100.000 Anklagen nach §175 erhoben und dabei ca 50.000 Verurteilungen erlassen [3]. Für die Betroffenen bedeutete dies zumeist den sozialen und beruflichen Untergang und endete teils im Suizid. Bis heute haben die Urteile nach §175 noch immer Gültigkeit und wurden nie aufgehoben – bis heute leiden viele Betroffene unter den psychischen Folgen dieser Urteile. Der VLSP fordert, die Urteile nach §175 unverzüglich aufzuheben, die Betroffenen zu rehabilitieren und finanziell zu entschädigen.

Wegen der rechtsstaatlichen Herausforderung solch einer Urteilsaufhebung fordert der VLSP alle Verfassungsorgane und deren nachgeordnete Behörden auf, zügig und konstruktiv Möglichkeiten für diese Urteilsaufhebungen zu erarbeiten. Allein schon wegen des fortgeschrittenen Alters vieler Betroffener darf hier keine Zeit mehr verstreichen.

Zum Hintergrund: Der von den Nazis verschärfte Paragraph §175 stellte einvernehmliches homosexuelles Verhalten von Männern unter schärfste Strafe und bestand nach 1945 in beiden deutschen Staaten weiter. 1957 bestätigte das Bundesverfassungsgericht der BRD sogar die Rechtmäßigkeit des Gesetzes in seiner Fassung von 1935 und sah in Homosexualität "die Entartung und den Kräfteverlust des Volkes". Erst 1969 wurde in der BRD der §175 durch einen Bundestagsbeschluss revidiert und homosexuelles Verhalten unter erwachsenen Männern nicht mehr staatlich pönalisiert. 1994 wurde der Paragraph vollumfänglich aufgegeben und Homosexualität nicht mehr gesondert im Strafrecht behandelt. In der DDR bestand der Paragraph bzw. dessen Nachfolger bis 1989.

Quellen:

[1] Verband von Lesben und Schwulen in der Psychologie (VLSP). (Hrsg.). (2013, September). Forderungen an die zukünftige Bundesregierung. Verfügbar unter http://www.vlsp.de/node/367

[2] Verband von Lesben und Schwulen in der Psychologie (VLSP). (Hrsg.). (2014, Mai). Politische Forderungen. Verfügbar unter http://www.vlsp.de/node/367

[3] Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen. Landesstelle für Gleichbehandlung, Berlin (2012). Dokumente lesbisch-schwuler Emanzipation, Band 28.

Letzte Aktualisierung: 30.05.2016

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