Coming-out

Autor*innen: Dr. phil. Ulli Biechele, Dipl.-Psych. Margret Göth, Dipl.-Psych. Thomas Heinrich, Psych. (M.Sc.) Lu Kenntner und Dipl.-Psych. Andrea Lang

„schon in der Schule habe ich für meine Sportlehrerin geschwärmt“

„die älteren Männer in der Umkleidekabine haben mich schon immer fasziniert“

„an meinem ersten Tag an der Uni, habe ich im Hörsaal zwei Lesben gesehen, die sich in aller Öffentlichkeit geküsst haben – für mich war das ein toller Empfang“

„ich bin glücklich verheiratet – zumindest dachte ich das, bis ich mich im letzten Jahr ganz furchtbar und aufgeregt in einen Mann verliebt habe“

„ich dachte, ich müsste auch einen Freund haben, aber wirkliches Kribbeln habe ich nicht gespürt“

„Ich dachte immer ich müsste Kleider tragen, bis ich gemerkt habe, wie wohl ich mich in den Klamotten meines Bruders fühlte.“

„Mir haben die Wörter gefehlt, um zu beschreiben, was ich fühlte. Ich wusste, ich bin nicht ganz Frau aber auch nicht ganz Mann, was bin ich denn?“

Die Bezeichnung „Coming-out“ bezieht sich auf eine Vielfalt an Erfahrungen von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans*, intersexuellen und queeren Personen: das Bewusstsein über die eigenen Gefühle, die Selbstöffnung gegenüber anderen Personen bezüglich der eigenen sexuellen Orientierung und/oder Geschlechtsidentität und die Identifizierung mit einer LSBTIQ*-Gemeinschaft.

Unterschieden wird zwischen dem inneren und dem äußeren Coming-out. Während es beim inneren Coming-out um das Entdecken der eigenen Gefühle mit allen schönen und manchmal auch schwierigen Seiten geht, bezieht sich das äußere Coming-out auf das Aussprechen und Benennen der eigenen Gefühle und Lebensweise gegenüber anderen Menschen. Hierzu gehört auch die Möglichkeit und Entscheidung nicht immer und überall die eigene Identität zu benennen.

Für viele ist das Coming-out eine sehr aufregende Zeit mit vielen Auf und Abs. Manche fühlen sich wie in einer zweiten Pubertät, mit Herzrasen und Rotwerden, wenn er*sie plötzlich anruft oder vor der Tür steht. Und wenn auch viele Fragen nach einiger Zeit geklärter erscheinen und entspannter betrachtet werden können, so bleibt doch manche Frage des Coming-outs ein Leben lang bestehen. Bei jedem neuen persönlichen Kontakt, jeder neuen Freund*in, jeder neuen Chef*in, gilt es zu entscheiden, wann und wie zeige ich die Seite meiner Liebe und Beziehung oder meiner Geschlechtsidentität.

Das Coming-out stellt einen Meilenstein in der Entwicklung eines LSBTIQ* Menschen dar. Die derzeitigen Forschungsbefunde dazu zeigen, dass die Fähigkeit, die eigene sexuelle Orientierung als etwas Positives zu empfinden und sie in den Lebensentwurf zu integrieren, dem eigenen Wohlbefinden und der psychischen Gesundheit förderlich ist. Die Möglichkeit, mit anderen über die eigene sexuelle Orientierung zu sprechen, verbessert gleichzeitig die Möglichkeit, soziale Unterstützung zu erhalten, welche wiederum entscheidend für die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden ist. Genauso wie heterosexuelle oder cis-Menschen profitieren LSBTIQ* Menschen davon, wenn sie ihr Leben mit Freund*innen teilen können und Unterstützung durch Bezugspersonen erhalten. Dementsprechend ist es auch nicht überraschend, dass Menschen, die ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität verstecken müssen, auch stärkere Beeinträchtigungen ihrer psychischen und evtl. auch ihrer körperlichen Befindlichkeit aufweisen, als Menschen, die offen leben können.

Zum Weiterlesen:



Die Coming-out Broschüre für 12-20jährige vom Netzwerk LSBTTIQ Baden-Württemberg.

 

 

 

Letzte Aktualisierung: 10.03.2021

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